1895 gab es einen offiziellen Wechsel in der Leitung des Unternehmens. Zwar hatte Christian Bardusch noch für die Erweiterung zur Dampfwaschanstalt gezeichnet, doch sein Sohn Carl, manchmal auch Karl geschrieben, stand damals bereits in den Startlöchern. Ein Jahr später übernahm er den Betrieb von seinen Eltern und führte ihn zusammen mit seiner Frau Mathilde weiter bis zu seinem Tod im Jahr 1930.
Die Wäscherei Bardusch um 1900 – ein moderner Betrieb
Wer rationell arbeiten will, der braucht dafür die neueste Technik. Als Carl Bardusch den Betrieb übernahm, war vieles bei Bardusch immer noch reine Handarbeit und das sollte auch noch eine Weile so bleiben. Doch nach und nach ersetzte ein stetig wachsender Maschinenpark die menschliche Arbeitskraft: Gewaschen wurde jetzt schneller und preisgünstiger. Carl Bardusch war von seinen Eltern eigentlich zum Techniker bestimmt worden, so jedenfalls wird es überliefert. Doch er verfügte ganz offensichtlich auch über kaufmännisches Geschick: Unter seiner Leitung verdoppelte sich die Zahl der Arbeiter und Angestellten bei Bardusch und der Betrieb präsentierte sich nicht nur technisch gut aufgestellt, sondern war auch, was beispielsweise die Werbung betrifft, auf der Höhe der Zeit. Auf jeden Fall war der neue Firmenchef in der Lage, die Wäscherei so perfekt zu organisieren und damit attraktive Preise anbieten zu können, dass es sich breitere Kreise leisten konnten, ihre Wäsche außer Haus zu geben. Um Erfahrungen für die Bewältigung immer größerer Wäschemengen zu sammeln, übernahm Bardusch das Waschen für die Unteroffiziersschule ein Jahr lang sogar kostenlos. Carl Bardusch ging seine neue Aufgabe von Beginn an entschlossen an. Im Generalanzeiger der Residenz Karlsruhe und des Großherzogtums Baden schaltete er ab April 1895 regelmäßig Werbeinformationen über die Erweiterung seines Betriebs, die von der enormen Expansion jener Jahre zeugen.
„Geschäfts-Erweiterung und Empfehlung Meinen werthen Kunden und Gönnern diene hiermit zur Nachricht, daß ich mein Wasch- und Bügel-Geschäft für Dampfbetrieb eingerichtet habe und dadurch in den Stand gesetzt bin, den weitgehenden Anforderungen der Neuzeit zu entsprechen. Alle in das Fach einschlagenden Aufträge jeder Art und jeden Umfanges nehme unter Garantie tadelloser Ausführung jederzeit entgegen. Schonende Behandlung der Wäsche wird zugesichert. Das Abholen sowie Zurückbringen der Wäsche erfolgt für Ettlingen und Karlsruhe mittelst Wagen kostenlos. Für das mir bisher geschenkte Wohlwollen bestens dankend, bitte ich dasselbe auch auf mein erweitertes Unternehmen übertragen zu wollen. Hochachtungsvoll C. Bardusch“
Da die Geschäfte tatsächlich immer besser liefen, brauchte Bardusch dringend weitere Arbeitskräfte für die Dampfwaschanstalt. In regelmäßigen Intervallen inserierte Bardusch ab 1895 Stellenangebote in der Badischen Presse und im Karlsruher Tagblatt. Gesucht wurden Wäscherinnen, Büglerinnen, Mädchen zum Auszeichnen der Wäsche, Wäsche-Packerinnen, Expedientinnen und Kutscher. Kein Wunder also, dass die Bardusch-Belegschaft nach 1900 auf über 50 Mitarbeiter bzw. in erster Linie Mitarbeiterinnen heranwuchs. Die gesuchten Mitarbeiterinnen sollten „gewandt“ und „geübt“ sein, also über Berufserfahrung und gewisse Kenntnisse ihres Fachs verfügen. Kein Wunder, denn das Bügeln von Carl Bardusch (1866-1930) Mathilde Bardusch geb. Himpel (1874-1945) Hemdenkragen und Manschetten etwa war ein wichtiges Geschäftsfeld des Unternehmens und für die Büglerinnen eine sehr verantwortungsvolle Aufgabe, die man nicht gerne ungelernten Kräften überlassen wollte. Die wertvollen Kragen und Manschetten wurden separat von den Hemden gewaschen und anschließend gestärkt. Beim Bügeln mit Handbügeleisen bzw. einer kleinflächigen Presse, die aus heizbaren Metallflächen und einem fußbetriebenen Druckgeber bestand, musste hoher Druck auf den schleuderfeuchten Stoff ausgeübt werden. Diese steifen Kragen knöpften die Männer dann an ihre kragenlosen Hemden an. Der wichtigste Kragentypus in der Zeit nach 1870 war der Stehkragen des preußischen Militärs. Er setzte sich flächendeckend sogar bei den Arbeitern durch, die sich infolge der zunehmenden Massenproduktion von Textilien und der damit erschwinglichen Preise mindestens ein Hemd mit mehreren gestärkten Kragen leisten konnten. Zu jener Zeit waren tadellos weiße Hemden und gesteifte, geglättete Kragen ein absolutes „Musthave“, es wurde großen Wert auf das Waschen und professionelle Plätten gelegt. Die diffizile Tätigkeit des Umgangs mit den heißen Eisen und den empfindlichen Stoffen konnten junge Frauen zu Beginn des 20. Jahrhunderts an der Frauenarbeitsschule für Berufs-und Feinbüglerinnen des Badischen Frauenvereins in der Karlsruher Gartenstraße von Grund auf erlernen.
Dass im Gegensatz dazu der Umgang mit Maschinentechnik noch reine Männersache war, zeigt eine Zeitungsannonce, in der Bardusch im August 1913 ausdrücklich einen Mann für die Bedienung von Waschmaschinen suchte. Carl Bardusch stand mit seinen Investitionen in technische Neuerungen nicht allein. Auch andere Ettlinger Betriebe investierten um die Jahrhundertwende verstärkt in neue Technologien und waren auf wirtschaftlich erfolgreichem Kurs. So etwa die Packpapier produzierende Fabrik von Vogel, Bernheimer & Schermann, die auf dem Nachbargrundstück von Bardusch ansässig war und um 1890 bereits 80 bis 90 Arbeiter beschäftigte. Am Bahnhof Ettlingen West entstand 1890 die Maschinenfabrik Lorenz, die sich auf die Herstellung von Zahnrädern sowie Form- und Fräsmaschinen spezialisierte. Dass in Ettlingen das Industriezeitalter Einzug gehalten hatte, belegen außerdem Gründungen wie die der Silwarenfabrik Hepp, der Brauerei Huttenkreuz, der Süddeutschen Herd- und Backofen-Industrie sowie der um 1900 aus einem Handwerksbetrieb hervorgegangenen Maschinenfabrik Ettlingen GmbH. In der zweiten Hälfte der 1890er Jahre kam die Badische Lokal-Eisenbahn AG als großer Arbeitgeber für Ettlingen und sein Umland hinzu. In nur wenigen Jahren war das kleine Ettlingen somit zur viertgrößten Industriestadt Badens gewachsen.
Wasserfragen – die Qualität von Wasser und Abwasser
In Ettlingen gab es bereits vor über 100 Jahren erste städtische Auflagen mit dem Ziel, das Wasser der Alb in der Stadt so sauber wie möglich zu erhalten. Immer mehr Industriebetriebe hatten sich an deren Ufer angesiedelt und nutzten die Ressource Wasser für ihre betrieblichen Zwecke. Bardusch beispielsweise verfügte seit 1871 über ein sogenanntes Wasserschürfrecht, das es dem Unternehmen erlaubte, kostenlos Wasser aus der Alb zu entnehmen und sein Abwasser über den Gewerbekanal zurückzuführen. Und so wundert es auch nicht, dass das Unternehmen als einer der Anlieger des Ettlinger Gewerbekanals mit in die Verantwortung für dessen Verschmutzung genommen wurde. Anfang des 20. Jahrhunderts begannen die regelmäßigen und strengen Bachschauen an der Alb. Über viele Jahre war das Wäscherei-Abwasser immer wieder ein Thema zwischen der Stadt Ettlingen und der Dampfwaschanstalt. So forderte etwa das Großherzogliche Bezirksamt Ettlingen am 25. April 1900 die zuständigen Gemeindebehörden dazu auf, hier ganz genau hinzuschauen: „Die Dampfwaschanstalt Bardusch hat die Genehmigung zur Aufstellung einer neuen Maschine erhalten, welche ihr ermöglicht, die Wäscherei viel intensiver als bisher zu betreiben. Bei der letzten Bachschau hat sich ergeben, dass die Kläranlage der Wäscherei sehr verschlammt war und da zu erwarten ist, dass ungeklärtes Abwasser in größerer Menge als nach der Konzession von 1894 zulässig in die Alb abfließt, wird das Bürgermeisteramt veranlasst, durch den Ortsbaumeister unter Beizug der Ortspolizeimannschaft die Verunreinigung der Alb durch das Abwasser aus der Dampfwaschanstalt Bardusch überwachen zu lassen. In den nächsten 6 Wochen wenigstens wöchentlich eine Besichtigung (…) dabei ist auch die Verunreinigung durch weiter abwärts gelegene Betriebe zu kontrollieren, wie die Papierfabrik Vogel, Bernheimer & Schermann. Als Bardusch daher 1909 einen Antrag stellte, noch mehr Wasser in den Gewerbekanal einzuleiten, machte der Ettlinger Gemeinderat seine Genehmigung davon abhängig, dass das Unternehmen den Bau von „mindestens zwei Revisions- und Spülschächte[n]“ in die Planung mit aufnahm. Im März 1914 stellte Carl Bardusch einen Bauantrag für eine Kläranlage auf dem betriebseigenen ehemaligen Bleichplatz. Das geklärte Wasser sollte anschließend direkt in die Alb geleitet werden. Die Stadt Ettlingen hatte nichts dagegen einzuwenden, einen anderen Blick auf die Dinge hatten allerdings die weiter unten liegenden Unternehmen. Sie befürchteten, dass sie dem Fluss infolgedessen nur noch schmutziges Wasser entnehmen könnten. Der Firma Bardusch wurden daher zusammen mit der Baugenehmigung regelmäßige Kontrollen mittels Wasserproben angekündigt und auch weitere Auflagen, „für den Fall, daß öffentliche Interessen es erheischen“, behielt sich die Gemeinde vor. Vor allem über die Fischzucht in der Alb machten sich die Behörden Gedanken, sahen aber letztlich hierbei keine größeren Probleme, da das bei Bardusch zum Waschen benutzte Soda durch Zugabe von Schwefelsäure neutralisiert würde. Vorsichtshalber sollte sich der zuständige Fischerei-Sachverständige noch dazu äußern. Die Grundlagen der Abwasserklärung wurden schon damals gelegt.
Technisierung und Kundennähe
Bereits 1907 ließ Carl Bardusch seinen Betrieb selbstbewusst in das Ettlinger Handelsregister eintragen, ein Schritt, den seine Eltern bei Gründung des Unternehmens noch nicht unternommen hatten. Neben der Technisierung waren auch zahlreiche organisatorische Neuerungen die Basis des Bardusch-Erfolgs. Carl Bardusch war es, der den Service der Wäscherei stark ausbaute: Die schmutzige Wäsche wurde kostenfrei bei den Kunden abgeholt und in sauberem Zustand „mittels Wagen“ – also per Pferdekutsche - wieder zurückgebracht. Carl Bardusch ließ neue Wäsche-Annahmestellen in Ettlingen und Karlsruhe einrichten, wobei die heutigen Stadtteile Bulach, Beiertheim und Durlach damals noch von der Residenzstadt unabhängige Orte waren. Ein Bardusch-Werbeplakat jener Tage zeigte einerseits die sehr moderne technische Ausstattung und die guten Arbeitsbedingungen in großen, hellen Räumen, kombinierte diese aber mit Stilelementen aus der Natur - typisch für den „Jugendstil“.
Das Bardusch-Werbeplakat verknüpfte außerdem das industrielle Waschen mit Praktiken aus der guten alten Zeit, wie etwa dem Trocknen der Wäsche an der frischen Luft, die zumindest im Wäschereibetrieb unwiederbringlich vergangen waren. Dass das Leben bei Bardusch nicht immer nur harmonisch war, sondern es auch soziale Auseinandersetzungen gab, zeigen so manche Geschichten aus der zeitgenössischen Presse. Von August bis September 1901 zog sich beispielsweise eine Auseinandersetzung zwischen der Firma Bardusch und dem sozialdemokratischen Parteiblatt Volksfreund hin: Ein Redakteur hatte berichtet, Carl Bardusch verweigere seinen Leuten die Lohnauszahlung. Der seinerseits verklagte die Zeitung daraufhin erfolgreich wegen Beleidigung. Am 8. September desselben Jahres berichteten die Zeitungen, dass es in Karlsruhe zu einer Karambolage eines Bardusch-Wäschewagens mit einer Straßenbahn gekommen war, und am 28. Februar 1910 war von einer Kollision eines Möbeltransporters mit einem Fahrzeug der Firma Bardusch zu lesen. Je häufiger die Firmenfahrzeuge unterwegs waren, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass es auch einmal zu Unfällen kam. Im Mai 1905 wurde ein bei Bardusch beschäftigtes Ehepaar wegen Unterschlagung zu Gefängnisstrafen von vier Monaten bzw. acht Wochen verurteilt: Die beiden aus Pfaffenrot und aus Burbach stammenden Delinquenten hatten nach und nach an ihrer Arbeitsstelle folgende Dinge entwendet: „2 Schürzen, 1 Hemd, 1 Unterrock, 1 Rock, 9 Frauenhosen, 3 Untertaillen, 1 Korsettschoner, 1 Herrenunterhose und 10 Taschentücher“, dazu kamen „etwa 80 Pfund Seife“.
Waschen im Krieg
Bardusch-Firmengründer Christian Bardusch war bereits 1905 im Alter von 78 Jahren gestorben, seine Frau Caroline verstarb acht Jahre später, am Karfreitag 1913, mit 81 Jahren. So erlebte auch sie das Ereignis, das nun schon bald Europa und schließlich die ganze Welt verändern würde, nicht mehr mit: den Ausbruch des Ersten Weltkriegs im Sommer 1914. Im Jahr des Kriegsausbruchs waren 100 Menschen in der Dampfwaschanstalt beschäftigt - in den letzten zehn Jahren hatte Bardusch also noch einmal mächtig expandiert! Nun aber war der Krieg gekommen und er war nicht, wie anfangs vorausgesagt, Weihnachten zu Ende. Für das Unternehmen erschwerte sich das Wirtschaften – verglichen mit den vergangenen erfolgreichen Jahrzehnten – daher bald schon spürbar. Bereits im ersten Kriegsjahr wurden bei Bardusch die Pferdegespanne beschlagnahmt, sodass sich die Abholung und Auslieferung der Wäsche recht problematisch gestaltete. Da die meisten Männer im wehrfähigen Alter eingezogen wurden und fortan statt gestärkter Oberhemden und geplätteter Kragen nun feldgraue Uniformen trugen, sank die Zahl der Privatkunden.
Die Familien mussten sich jetzt einschränken, sparsamer mit ihrer Wäsche umgehen und selbst zuhause waschen. Der Staat glich zwar durch eine Familienunterstützung einen Teil des Verdienstausfalls der Soldaten aus, gleichzeitig stiegen aber im weiteren Verlauf des Kriegs die Lebenshaltungskosten extrem und die Geldwirtschaft brach in Teilen sogar ganz zusammen. Auch Hotels und Gaststätten verzeichneten eine sinkende Gästezahl und benötigten nicht mehr so viel saubere Tisch- und Bettwäsche. Manches davon wurde auch im Herbst 1917 noch zu Kriegszwecken beschlagnahmt. Bis 1918 blieb dem Unternehmen jedoch die Unteroffiziersschule vor Ort als Großkunde, sodass sich die Bardusch-Dampfwaschanstalt auch in diesen schwierigen Zeiten über Wasser halten konnte. So konnte zumindest ein Teil der Frauen, deren Männer und Söhne im Krieg waren, etwas als Wäscherinnen verdienen. Sie reinigten und bügelten nun die kriegswichtigen Wolldecken, Handtücher, Hemden, Drillichhosen, Fußlappen, Verbands- und Operationstücher sowie Schwesternhauben. Dazu kam ein riesiger Mehrbedarf an sauberer Wäsche in den Lazaretten, mit dem alle Wäschereien in der Region gut zu tun hatten.
Die niedrigen Preise, die für die Lazarettwäsche gezahlt wurden, erlaubten den Wäschereien allerdings nur einen kleinen Gewinn. Ein massives Problem war die Kostenexplosion bei den Betriebsstoffen: Hatten 100 Kilo guter Kernseife vor dem Krieg lediglich 60 Mark gekostet, waren es Anfang 1916 schon 600 Mark und 1917 musste Bardusch dafür rund 1.000 Mark auf den Tisch legen. Ab Frühjahr 1916 wurden Seifen und Waschmittel außerdem rationiert und vom Kriegsausschuss nur noch auf Bezugsschein ausgegeben. Im Sommer 1916 wurde die freie Herstellung fetthaltiger Waschmittel wie Seife gänzlich verboten. Die Qualität der Ersatzwaschmittel, des Kriegsseifenpulvers, war meistens sehr schlecht und das Waschergebnis entsprechend unbefriedigend. Überliefert ist ein von „M. Bardusch“, also von Chefin Mathilde Bardusch, an den Oberinspektor des Rastatter Lazaretts gerichtetes Angebotsschreiben vom 12. Oktober 1918, in dem erläutert wird, die Preise seien „nach unseren heutigen Verhältnissen“ billigst gestellt und erhielten am Ende der Rechnung einen Aufschlag von 15 Prozent. Sie schlägt vor, die Fahrtkosten zwischen Bardusch und dem Lazarett aufzuteilen, da immer eine kundige Person vor Ort vonnöten sei, die über „die Einladung und Ausladung“ der Wäsche informiert sein müsse. Auch während des Krieges suchte die Firma Bardusch über Zeitungsinserate Mitarbeiter. Und weil Männer nicht mehr so einfach zu bekommen waren, erwog man schon einmal die Einstellung einer Frau, die fahren konnte. In vielen Bereichen erfuhren Frauen damals zumindest eine vorübergehende Emanzipation aus alten Rollenklischees- nicht immer freiwillig. Sie wurden jetzt nicht nur in den Fabriken an den Maschinen für „Männerarbeiten“ eingesetzt, sondern auch für schwerste Arbeiten in der Landwirtschaft, als Straßenbahnschaffnerinnen, Briefträgerinnen oder in der Verwaltung. Nicht zu vergessen die Krankenschwestern in den Lazaretten und an der Front.
Krisenjahre Viel mehr als der Krieg brachten das Jahr 1918 und die folgenden Inflationsjahre für Bardusch eine ernste wirtschaftliche Krise. Es gelang Carl Bardusch jedoch, den Betrieb mit nur wenigen Beschäftigten, die teilweise noch in Kurzschichten arbeiteten, weiterzuführen, während manche andere Wäscherei in jenen Jahren schließen musste. Die Folgen des verlorenen Ersten Weltkrieges waren für Deutschland verheerend: An Frankreich mussten hohe Reparationszahlungen geleistet werden, die Wohnungsnot war groß und alle notwendigen Dinge des täglichen Lebens waren denkbar knapp. In Ettlingen herrschte Milch- und Kartoffelmangel und auch Brot, das wegen des fehlenden Mehls mit übelschmeckenden Streckmitteln gebacken wurde, gab es nur gegen Lebensmittelmarken. Viele Bardusch-Mitarbeiter wohnten in den Albtaldörfern und kamen mit ihrer „Feierabend-Landwirtschaft“ in diesen schweren Zeiten immerhin gerade so über die Runden. Ab Kriegsende 1918 litten die badischen Gewerbetreibenden überdies an den Folgen des Versailler Vertrages, der das Land zum wirtschaftlich benachteiligten Grenzland machte. Besonders gravierend für die Stadt Ettlingen und für Bardusch war ein Passus, der die Bildung einer 50 km breiten entmilitarisierten Zone östlich des Rheines festlegte. Ganz konkret bedeutete dies das unmittelbare Aus für die Ettlinger Garnison.
50 Jahre nach ihrer Gründung wurde die im Schloss untergebrachte Unteroffiziersschule am 20. Juli 1920 aufgelöst. Besonders schmerzlich: 1911, noch kurz vor dem Krieg, hatte die Stadt den kostspieligen Bau einer neuen Kaserne für mehr als zwei Millionen Mark veranlasst. Die gesamte Ettlinger Industrie stagnierte nach dem Krieg und auch der Dampfwaschanstalt Bardusch setzte der Verlust ihres Hauptkunden stark zu; so sank die Belegschaft zwischenzeitlich auf die Hälfte der Vorkriegszeit. Dennoch ging der Betrieb bei Bardusch immer irgendwie weiter. In den lokalen Zeitungen wurde bereits 1919 wieder inseriert und in der näheren Umgebung wurden weitere Annahmestellen eröffnet, so etwa im Oktober 1919 in Durlach. Wie alle Handwerks- und Gewerbebetriebe litt Bardusch unter der fortschreitenden Geldentwertung. Die Währung zerfiel zu Beginn der 1920er Jahre in atemberaubendem Tempo. Gelder zur Zahlung von Löhnen und zur Beschaffung von Material wurden binnen kurzer Zeit wertlos. Auch das Notgeld, das die Stadt Ettlingen damals herausgab, wurde im Handumdrehen Makulatur. Ein echter Aufwärtstrend setzte erst wieder ein, als sich 1924 die Wirtschaft in ganz Deutschland stabilisierte.
Das gesellschaftliche Konfliktpotenzial war infolge des Kriegs und der anschließenden, zeitweise dramatisch verlaufenden wirtschaftlichen Krise insgesamt gewachsen. Auch im vermeintlich beschaulichen Ettlingen kam es häufig zu sozialen Auseinandersetzungen. Lohn- und Tarifverhandlungen boten Anlass für Streit und eine immer kürzere Geltungsdauer von Lohnvereinbarungen provozierte häufige Ausstände in der Arbeiterschaft. In den Lokalzeitungen finden sich für die Jahre 1921 bis 1923 Hinweise auf wiederholte Lohnkonflikte. Davon betroffen waren neben der Spinnerei und Weberei unter anderem auch die Silberwarenfabrik Hepp und die Dampfwaschanstalt Bardusch. Am 8. Oktober 1921 etwa informierte die Badische Presse darüber, dass tags zuvor die organisierte Arbeiterschaft in den Ausstand getreten war und in der Karlsruher Zeitung vom 21. November 1922 war zu lesen, dass bei Bardusch allen Arbeitern wegen ihrer Lohnforderungen gekündigt worden war.
Erschwerend kam für Bardusch in diesen Jahren noch der Umstand hinzu, dass kaum Ersatzteile für Waschmaschinen erhältlich waren. Infolge all dieser nicht unerheblichen Herausforderungen versuchten viele Ettlinger Unternermen Ende der 1920er Jahre, durch eine effektivere Auslastung ihrer Maschinen ein besseres Betriebsergebnis zu erreichen. Den Betrieben, die in modernere Abläufe investierten, gewährte die Stadt Steuernachlässe und Abgabestundungen, um sie bei ihren Bemühungen um wirtschaftliche Konsolidierung zu unterstützen. Auch Carl Bardusch investierte allen Widrigkeiten zum Trotz in der Krise weiter in neue Technologien: Im Jahr 1930 baute er das Angebotsspektrum des Unternehmens aus und eröffnete die Abteilungen Chemische Reinigung und Färberei. Außerdem modernisierte er seinen Fuhrpark. Kleine Lastkraftwagen fuhren jetzt die Wäsche zu den Filialen. Aber auch Privatkunden wurden mit den neuen Fahrzeugen, die nach und nach anstelle der Pferdewagen angeschafft worden waren, kostenfrei beliefert. Die Fahrer nmen beim Kunden das Geld für die gewaschene Wäsche in Empfang. Es bestand also ein direkter Kontakt zu den Haushalten, die mittlerweile wieder mehr Interesse an den Bardusch-Dienstleistungen zeigten. Die neue Sozialgesetzgebung der Weimarer Republik hatte den gewerblichen Wäschereien durch die Einführung eines Mindestlohns – auch für die bisher auf niedrigstem Niveau privat bezahlten Waschfrauen – einen gewissen Vorteil verschafft: Die Wäscherinnen schlugen demnach nun deutlich höher im Haushaltsbudget zu Buche. Ein von Privatkunden bei den Wäschereien besonders nachgefragter Service war die günstige Feuchtwäsche, weil damit die schwere Wascharbeit zu Hause eingespart werden konnte. Nur das Trocknen und Bügeln erledigte man dann meistens noch selbst.
Werbung auf neuen Wegen
Anzeigen zur Bewerbung der verschiedenen Dienstleistungen der Wäscherei spielten auch in Krisenzeiten eine große Rolle. Bardusch beschritt hier immer wieder neue Wege und war auf der Höhe der Zeit. Sehr publikumswirksam präsentierte man sich etwa anlässlich des Karlsruher Reklamefestzugs 1927, der im Oktober unter dem Motto „Im Zeichen des Verkehrs“ stattfand. Die Badische Presse und das Karlsruher Tagblatt berichteten darüber, dass Bardusch in der Kategorie C „Wagen und Pferde“ mit der kupfernen Medaille ausgezeichnet wurde. Auf Marketing wurde schon früh viel Wert gelegt, weil viele Frauen dem maschinellen Waschen gegenüber noch sehr skeptisch eingestellt waren und sich Sorgen um ihre wertvollen Textilien machten. Bei Bardusch ging man aktiv auf die potenzielle Kundschaft zu und lud beispielsweise eine Delegation des Badischen Frauenvereins zu einer Betriebsführung in die Dampfwaschanstalt ein. In drei Tageszeitungen – der Badischen Presse, dem Karlsruher Tagblatt und dem Pfinztäler Boten – wurde über diese PR-Offensive ausführlich berichtet.
„Der Badische Frauenverein vom Roten Kreuz, Zweigverein Karlsruhe, kam am Freitag nachmittag einer Einladung des Herrn Bardusch zur Besichtigung seines modernen Wäschereibetriebes in Ettlingen nach. Ein Autobus brachte die Damen von Karlsruhe nach Ettlingen. Dort übernahm Herr Bardusch die Führung durch den Teil seines umfangreichen Betriebes, in dem die Leib- und Haushaltungswäsche bearbeitet wird. Entsprechend dem Zwecke der Führung, die vielfach vorhandenen Vorurteile gegen die Behandlung der Wäsche in Waschanstalten zu widerlegen, wurde der Arbeitsvorgang bis in alle Einzelheiten erläutert und die schonende Wirkung der Maschinen erklärt. Auch über die Verwendung der Waschmittel gab Herr Bardusch aufklärende Erläuterungen. Schließlich wurde noch das Bügeln der Wäschestücke besichtigt. Auch hier zeigte es sich, wie durch gesonderte Behandlung, z. B. durch Trennung der Stücke mit Knöpfen von denen ohne Knöpfe usw. die den einzelnen Wäschestücken angemessene Behandlung erzielt wird. Es war naheliegend, daß ein Wäschebetrieb die anwesenden Damen sehr interessieren mußte, sie sprachen auch wiederholt ihre Anerkennung aus und ließen sich gerne davon überzeugen, daß eine moderne Wäscherei vermöge der ihr zu Gebote stehenden technischen Errungenschaften in der Lage ist, auf schädliche Hilfsmittel zu verzichten und selbst zarte Wäschestücke sachgemäß zu behandeln. Anschließend an die Führung waren die Damen des Frauenvereins Gäste des Herrn Bardusch, der sie zu einem genußreichen Kaffeestündchen auf die Wilhelmshöhe führte.“ (Morgenausgabe der Badischen Presse. Gutes Marketing und eine gute Werbung waren schon vor fast hundert Jahren wichtige Instrumente, um Kunden zu gewinnen und auf Dienstleistungen aufmerksam zu machen. Eindeutig potenzielle Privatkunden waren die Adressaten folgender Annonce von 1936 im Karlsruher Stadtgebiet:
Technisch für die Zukunft gerüstet
Mit zunehmender Unternehmensgröße stieg auch der Wasserbedarf von Bardusch. Zudem hatten sich weitere Firmen in der Nachbarschaft angesiedelt. Die regelmäßige Wasserentnahme der Betriebe aus der Alb und die Qualität des Abwassers waren Themen, die immer wieder von der Ettlinger Verwaltung aufgegriffen wurden. Eine grundlegende Lösung für die Abwasserproblematik, von der alle an der Alb anliegenden Unternehmen betroffen waren, sollte der Bau eines Anschlusses an die städtische Kanalisation auf den Grundstücken von Bardusch und der Fabrik Vogel & Bernheimer bringen. Doch für beide Firmen bedeutete der Kanalanschluss in den Krisenjahren der Weimarer Zeit auch eine große finanzielle Belastung, wie einem von Fritz Bardusch unterzeichneten Schreiben von 1930 zu entnehmen ist. Dennoch wollte er sich diesem Ansinnen nicht verschließen, sofern es der Stadt gelänge, auch Vogel & Bernheimer mit ins Boot zu holen. Nach und nach verbesserten sich die Verhältnisse. Die Erkenntnisse über die Bedeutung des Umweltschutzes entwickelten sich weiter und schlugen sich sehr rasch auch bei Bardusch in einer Vielzahl von Maßnahmen nieder. Carl Bardusch war immer bestrebt, sein Unternehmen technisch für die Zukunft zu rüsten. Im Mai 1930 genehmigte der Ettlinger Gemeinderat die Einrichtung einer Transformatorenstation für Hochspannungsdrehstrom auf dem Bardusch-Gelände. Die Umsetzung dieser neuen Technologie sollte der Firmenchef jedoch nicht mehr erleben. Er starb 64-jährig im Juli 1930. Seine Frau Mathilde führte den Betrieb weiter, bis der Übergang der Firma im Januar 1936 an ihren damals 32-jährigen Sohn Friedrich Georg Bardusch, genannt Fritz, im Handelsregister festgeschrieben wurde. Als Seniorchefin blieb sie bis zu ihrem Tod im Jahr 1945 aktiv.